Een Milljonär in't Hus

Bombenerfolg der Speeldeel

Schwank-Premiere „En Milljonär in't Huus“ im Stadttheater

 

Wenn nicht alles täuscht, hat die Schleswiger Speeldeel einen neuen "Dauerbrenner", nämlich den Schwank "En Milljonär in't Huus" von Hans Egon Jürgensen. Die Premiere am Sonntagabend im restlos ausverkauften Schleswiger Stadttheater war so erfolgreich, daß zahlreiche weitere Aufführungen in Stadt und Land zu erwarten sind. Den Beifall verdient haben alle, die sich nach Spielschlußauf der Bühne verneigten - der Autor und mit ihm das ganze Ensemble der Speeldeel, angeführt von Annemarie Dienesen.

Was würden Sie tun, wenn es hieße, daß jemand aus der engeren Nachbarschaft eine runde Million gewonnen habe? Da liegt der Wunsch nahe, etwas von dem Geldsegen zu profitieren. In einem Schwank bleibt es natürlich nicht bei verhältnismäßig bescheidenen Wünschen; da zappelt sich ein aufs Geld Versessener weidlich ab, möglichst die ganze Million einzuheimsen. In Hans Egon Jürgensens Stück geht der Kampf um die Million ohne die heutzutage naheliegende nackte Gewalt vor sich; vielmehr bedient sich der listige Millionärsanwärter durchaus bürgerlicher Mittel. Aber leicht hat er's nicht, denn er muß mit detektivischem Scharfsinn erst einmal herausfinden, wer eigentlich von vier in Betracht kommenden Personen der Glückspilz ist. Einzelheiten, sollen hier nicht verraten werden, weil künftige Zuschauer den Spaß an Überraschungen behalten und sie die bis zum Schluß anhaltende Spannung selber auskosten sollen. Die Andeutungen genügen aber wohl, einen der soliden Grundpfeiler des Stückes deutlich zu machen: Die Handlung bleibt bei allem Schwank-Überschwang in der Nähe menschlicher Schwächen und Neigungen, wie man sie kennt. Eine weitere Stütze sind die teils unvermuteten, teils mit Vorfreude erwarteten komischen Komplikationen, die sich in flotter Folge aneinander reihen. Und schließlich ist das Stück gespickt mit wirkungsvollen plattdeutschen Döntjes.

Drei bühnenerfahrene und drei neue Speeldeelmitglieder waren beim Spiel um die Millionen auf den Brettern - und sie alle sechs sorgten für Stimmung. Prominentester Neuling bei der Schleswiger Speeldeel war Hans Jessen, der sich als Gastwirt Peter Oltmann sogleich mit durchschlagendem Erfolg bewährte. Das Publikum amüsierte sich köstlich über seine ebenso zähen wie fruchtlosen Anstrengungen, die Million an sich zu bringen. Dabei waren die Episoden, die Annemarie Dienesen ihm maßgerecht auf den Leib geschneidert hatte (Brötchen und Politik), Anlaß zu besonderem “Höögen”. Aber Hans Jessen beschränkte sich nicht auf Allotria, er zeigte sich, z. B. bei seinen Betrachtungen über das Geld, den Aufgaben eines Charakterspielers gewachsen. Heidi Misfeldt, die zweite Neue im Ensemble, spielte die Rolle der Tochter Oltmann ungezwungen und intelligent; der Humor kam nicht zu kurz. Ähnliches gilt für Peter Balzer (Student Gerd Struck); sein sympathisches Spiel und sein ansteckender Spaß am Spaß machten ihn im Nu beliebt. Daß sich die drei neuen Darsteller so gut einführten, lag wahrscheinlich auch an Annemarie Dienesens geschickter Spielleitung. Diese Regie berücksichtigte alles, was den Spielablauf förderte. Annemarie Dienesen spielte selbst mit; sie verkörperte zwerchfellerschütternd die Witwe Telse, die mangels eigener Erlebnisse unermüdlich auf der Lauer liegt nach Dorfsensationen. Ilse Frennesen (Rentnerin Doris) war eine reizende Schnapsdrossel - sie blieb im Rahmen des guten Geschmacks - und eine ebenfalls sympathische späte Jugendliche. Ludwig Wulf gewann mit seiner arglosen Miene und der dahinter verborgenen Verschmitztheit die fröhliche Zustimmung der Besucher. Die Gaststube Oltmann, in der sich alles abspielte, war von Charlie Wietz "hochprozentig" eingerichtet worden.

Margarete Lorenzen

Schleswiger Nachrichten, 17.4.1973