De karngesunde Kranke

„Der eingebildete Kranke“ — Die Menschen ändern sich nicht

 

Wulf Gröning, Ingrid BackWulf Gröning, Ingrid Brack

 

Wesselburen (im) Am 17. Februar 1673 verstarb in Paris der Dichter und Schauspieler Jean Baptiste Moliere unmittelbar nach der Vorstellung seines letzten Werkes „Der eingebildete Kranke“.

Die Werke von Moliere haben über 300 Jahre überdauert und wurden von vielen Dichtern, so auch Goethe, hochgeschätzt und vielfach übersetzt. Moliere gelang es, die Psyche der Menschen seiner Zeit zu erfassen in all ihrer Schäbigkeit aber auch Verletzlichkeit und Liebe.

Die Wesselburener hatten nun das Vergnügen beim Gastspiel der Schleswiger Speeldeel zu erleben, daß sich die wesentlichen Grundzüge der Menschen bis auf den heutigen Tag nicht geändert haben. Getreu nach dem klassischen Vorbild hatte Klaus Leusch die von Peter Pflug ins Deutsche übersetzte Komödie ins Plattdeutsche übertragen.

„De karngesunde Kranke“ war für die Schleswiger Speeldeel, die seit vielen Jahren auf Einladung der Hebbel-Gesellschaft in Wesselburen auftritt, eine riesige Herausforderung an die Schauspieler, die zu einer überzeugenden Glanzleistung wurde.

Die Handlung war in die Gegenwart übertragen worden, und unter der Regie von Olly Gröning gab es keinen Bruch in der komplizierten Handlung, was durch die hervorragende Rollenbesetzung und die plattdeutscbe Sprache großartig zum Ausdruck kam.

Wulf Gröning, in der Rolle des durch den Tod seiner Frau verbitterten wohlhabenden Baumeisters Klawitter, spielte die Figur des eingebildeten Kranken mit allen Facetten so echt und überzeugend, daß es schon fast schmerzte. Die Kostüme und die Maske taten ein Übriges.
Maren Matthiesen, als Tochter Johanna, überzeugte durch Natürlichkeit in der Liebe zu ihrem Vater und ihrem Freund. Ute Renkhoff war wie geschaffen für die Rolle der unbekümmerten Tochter Pauline. Eine Glanzrolle hatte auch Ingrid Back als treue und um das Wohl aller bedachten Haushälterin.

Bei der ganzen Aufführung gab es überhaupt keine „Nebenrollen“. Es war jeder absolut wichtig für das Gesamtwerk. Und jeder überzeugte mit seiner Leistung. So Heidrun Reise als durchtriebene Witwe, die auf das Geld des Kranken spekulierte. Heinz Faust spielte einen Elektriker, Birte Nissen-Reimer eine Heilerin und Peter Philipp einen Advokaten.

Die Schlüsselrolle des Dr. Giesebrecht hatte Kai Boysen übernommen. Ihm gelang es, mit einigen Tricks und wahrer Herzlichkeit den eingebildeten Kranken zu heilen und ihm wieder Mut zum Leben zu geben. Der Beifall der Zuschauer war dankbar und wohlverdient.

 

Dithmarscher Landeszeitung18.2.1998