De Strom

Premiere: Schleswiger Speeldeel zeigte das Drama "De Strom"

Aggressive Stimmung bis zur Katastrophe

 

SCHLESWIG

Zwar war die Schleswiger Speeldeel in diesem Herbst bereits sehr aktiv bei der Einweihung des eigenen Theaters sowie bei der Wiederaufnahme eines Stückes vom Frühjahr, doch die erste Premiere fand erst jetzt statt: "De Strom", Drama von Max Halbe (1865 bis 1944). Ins Niederdeutsche übersetzt wurde es von Volker Schwarz, Mitglied der Speeldeel und bei der Premiere einer der Hauptdarsteller. Es ist ein ernstes Stück - das Stadttheater war nicht vollbesetzt. Werner Jungjohann, von den Zuschauern mit Beifall begrüßt, hieß das Publikum willkommen und wies auf die nächsten Veranstaltungen hin.

Schon vor dem großen Hochwasser hatte die Schleswiger Speeldeel die Aufführung des Dramas vorbereitet, aber nun schien die Thematik sehr aktuell zu sein: Bedrohung durch den Strom - Symbol für die Bedrohung der Familie durch Lüge, Betrug, verschmähte Liebe, Eifersucht, verletzten Stolz.

Die gedrückte und aggressive Stimmung wurde vom ersten Augenblick bis zur Katastrophe deutlich. Regisseur Hauke Stieger mutete es seinen Spielern zu, fast ohne Handlung auszukommen: das Stück lebt vom gesprochenen, eindringlichen Wort. Hier erwies sich die Übersetzung als ausgezeichnet. Und die fünf Hauptdarsteller brachten es durch sehr dichtes, konzentriertes Sprechen fertig, Spannung und tiefen Eindruck bis zum Schluß zu erhalten. Sie alle - Karin Jacobsen, Volker Schwarz, Horst Jacobs, Kai Boysen und Horst Seegebarth - waren in gleicher Weise, mit unterschiedlichen Akzenten, daran beteiligt.

Karin Jacobsen zeigt ihre Zerrissenheit zwischen liebender, jetzt enttäuschter Frau und dem Gerechtigkeitssinn. Volker Schwarz ist der großspurige, schuldige und stur-polternde Deichgraf mit Gewaltbereitschaft. Kai Boysen als jüngster Bruder versucht vergeblich, sich gegen Unterdrückung und Betrug zu wehren. Horst Jacobs gibt als mitwissender, aber aus Selbsterhaltungstrieb schweigender Ohm Ulrichs eine ausgezeichnete Studie, und Horst Seegebarth als Heinrich spürt bei seiner Heimkehr sofort: hier gärt etwas, aber erst langsam wird ihm die Wahrheit klar. Auch Anne Schmidt als Großmutter holt aus ihrer kleinen Rolle viel heraus: Sie kennt die Wahrheit, schweigt aber, um den Familienfrieden einigermaßen zu wahren. Petra Utermann spielt das Hausmädchen Hanne mit menschlichen Zügen.

Hinter der Bühne wirken Edna Stieger und Alfred Christians verantwortungsvoll mit. Eine sehenswerte Aufführung, die es verdient hätte, über Schleswig hinaus bekannt zu werden.

Reimer Pohl

Schleswiger Nachrichten vom 16.11.1998

 

 

Geschichte von Liebe und Betrug fasziniert

Schleswiger Speeldeel im Hebbelhaus

Von Martin Köhm

Wesselburen — Die Gastauftritte der „Schleswiger Speeldeel“ im Wesselburener Hebbelhaus sind im Laufe der Jahre zu einer liebgewordenen Gewohnheit  geworden, so erfreute sich auch diese Vorführung trotz des Sturmes mit etwa 80 Besuchern eines zufriedenstellenden Zuspruchs. Und den Zuschauern wurde gute Schauspielkunst geboten.
Diesmal stellten die Akteure ein Drama von Max Halbe vor, das 1903 am Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde. Der Stoff beeindruckte Volker Schwarz derart, daß er „Der Strom“ ins Plattdeutsche übertrug. „De Strom“ ist aber auch dazu angetan, das Publikum mit seinen verschiedenen Handlungssträngen in seinen Bann zu ziehen.

 Im Hintergrund des Stückes steht das drohende Hochwasser des Stroms, der den Besitz der Bauernfamilie Doorn schon einmal überflutet hat.  Herr auf dem Hof und gleichzeitig Deichgraf ist Peter Doorn, der seine beiden Brüder um ihren Anteil betrogen und dafür nach eigenem Urteil mit dem Tod der beiden Kinder bezahlt hat. Ehefrau Renate, die Großmutter und „Ohm“ Ulrichs wissen um den Betrug, durch den der jüngste Bruder Jakob als Schweinehirt sein Leben fristen muß.

Als der zweite Bruder Heinrich, den Renate einst zurückwies und der als Wasserbauingenieur Karriere gemacht hat, nach Hause zurückkehrt, nimmt das Unglück seinen Lauf: Renate enthüllt Heinrich und Jakob den Betrug, während gleichzeitig der Deichbruch droht. Als der verzweifelte Jakob versucht, den Dammbruch voranzutreiben und von Peter aufgehalten wird, ertrinken die kämpfenden Brüder in den Fluten.

Hochwasserkatastrophe, Erbschleicherei, tragische Liebe und Haß: „De Strom“ enthält Zutaten, die ihn für jedes Publikum zum Genuß machen. Daß der Dreiakter auch in Wesselburen so gut ankam, lag nicht nur an den zum Stück passenden äußeren Wetter-Bedingungen, sondern in erster Linie an den Schauspielern, denen die Rollen auf den Leib geschneidert schienen. Dies gilt auch und vor allem für Ubersetzer Volker Schwarz, der in der Rolle des Peter Doorn glänzte. Schwarz stellte in geradezu beängstigender Weise den Hofbesitzer als einen wahren Herren mit abgrundtief bösen, fast diabolischen Zügen dar.


Ebenso beeindruckend agierte Anne Schmidt als Großmutter, deren Rolle sich leider auf den ersten Aufzug beschränkte. Anne Schmidt überzeugte nicht nur durch sprachliche Deutlichkeit, sondern besonders durch Haltung und Gestik als alte Frau, deren scheinbare Religiosität durch die Unterstützung der durch Lug und Trug entstandenen Verhältnisse in Frage gestellt wird.

Karin Jacobsen verstand es, die Rolle der unglücklichen Ehefrau Peters zu verdeutlichen, die an ihrer Ehe, dem Betrug und dem Werben Heinrichs fast zerbricht. Horst Seegebarth war ein glaubwürdiger Wasserbauer, der wenigstens materiell am wenigsten unter dem Betrug, dafür aber um so mehr an der Zurückweisung durch Renate litt. Dafür ging Kai Boysen in der Rolle des jüngsten Bruders Jakob auf, der nur Renate und Ohm Ulrichs nicht mit Mißtrauen begegnet. Horst Jacobs als Reinhold Ulrich und Petra Utermann als Dienstmagd Hanne waren mehr als nur Ergänzung, sorgten doch für humorvolle Einsprengsel in dem tragischen Stück. So spielte Jacobs den Sohn des vorigen, durch das Hochwasser ruinierten Besitzers, der Zuflucht in Alkohol suchte: „Beter as al Fruunslüüd — de Köm mit´n Schuß Rum.“

Die plattdeutsche Sprache im Theater: zumeist bieten Komödien Gelegenheit zur Pflege des Niederdeutschen. Die „Speeldeel“ bewies in Wesselburen jedoch auf beeindruckende Weise, wie wirkungsvoll auch tragische und dramatische Inhalte „op Platt“ vermittelt werden können.

 

Martin Köhm

Dithmarscher Landeszeitung, 9.2.1999

 

 

De Rullen un de Speeler

Grootmudder Doorn

 

Anne Schmidt

Peter Doorn
Buer un Diekgraf

 

Volker Schwarz

Heinrich Doorn
Waterbuuingenieur

 

Horst Seegebarth

Jakob Doorn

 

Kai Boysen

Renate Doorn
Peter sien Fru

 

Karin Jacobsen

Reinhold Ulrichs

 

Horst Jacobs

Hanne

 

Petra Utermann

 

 

 

Intrimmt hett

 

Hauke Stieger

Speeldeel inricht

 

Alfred Christians

Technik rnakt

 

Alfred Christians

Hoor un Snutenwark
 Toseggen deit

 

Edna Stieger