Dat Schattenspeel

Zwei Portionen Speeldeel-Humor

„Dat Schattenspeel" und „Korl Grahmlich regeert" im Stadtlheater

 

„Mir hat selten ein plattdeutscher Theaterabend so gut gefallen wie der heute" - diese Äußerung fingen wir auf nach den Premieren der Schleswiger Speeldeel am Sonntag im Stadttheater. Wir können voll zustimmen. Die  Speeldeel hatte statt des üblichen abendfüllenden  Stückes zwei Einakter einstudiert, nämlich „Dat Schattenspeel" von Hermann Bossdorf und “Korl Grahmlich regeert" von Jens Exler. Titel  und Verfasser weisen darauf hin, daß die beiden Stücke aus verschiedenen Lagen stammen, das eine aus mild besonnter Lage, das andere aus kräftig angeheizter. So konnte man feinen Humor („Schattenspeel") und handfeste Späße („Korl Grahmlich") unvermischt in zwei Portionen genießen. Zwei weitere Vorzüge: Beim Einakter gibt es nicht so leicht Leerlauf wie bei einem Dreiakter; und die Spielergemeinschaft kann bei zwei kürzeren Stücken verhältnismäßig vielen Mitgliedern Gelegenheit geben, auf der Bühne mitzumachen. Alles fand verdient reichlichen Beifall im nahezu vollbesetzten Haus.

 

Leise und mehrdeutig wie ein Schattenspiel ist der Humor der Hauptperson in Hermann Bossdorfs Stück. Ein alternder Ehemann bringt seine leichtsinnige Ehefrau auf Umwegen wieder auf den Pfad der Tugend, ohne den Seitensprung nachtragend übelzunehmen. Die Rolle dieses einsichtigen und dabei doch gewitzten Mannes ist ein Leckerbissen für einen Charakterdarsteller. Die Schleswiger Speeldeel hat in ihrem Vorsitzenden Werner Jungjohann den richtigen Typ dafür. Die Zuschauer schmunzelten verständnisinnig über seine anfangs zur Schau getragene Ahnungslosigkeit und seine späteren Eherettungsmanöver; spontanes Auflachen begleitete so manchen Auftritt. Und bei aller Heiterkeit blieb doch der warme Herzton unüberhörbar. Eine prächtige Leistung von Werner Jungjohann! Die anderen Mitwirkenden - Ehefrau, liebebedürftiger Nachbar und dessen Frau - steuerten andere Varianten der Komik bei. Annemarie Dienesen, die auch das Stück einstudiert hatte, war ganz in ihrem Element, wenn sie mit einem Redeschwall notdürftig ihre Ungeduld bemäntelte, wenn sie, in die Enge getrieben, ihre Augen hin- und herflitzen ließ oder wenn sie aufatmend das Unschuldslamm spielte. Vielleicht hätte sie am Schluß etwas deutlicher die Beschämung hervorkehren können, die ja nicht ausbleibt, wenn statt Vergeltung Großmut geübt wird. Übrigens hat Annemarie Dienesen ebenso wie Werner Junqjohann soeben erst schwere Unfallfolgen überwunden.  Umso beachtlicher ist der Erfolg dieser beiden .Hauptdarsteller. Heinz Westernhagen hielt sich gut als Liebhaber wie als verdutzter passiver Held. Waltraut Ewers gewann das Publikum durch resolutes Auftreten und durch kernige plattdeutsche Redewendungen.

 

“Korl Grahmlich regeert" gehört zum alten Themenkreis „Herr wird Knecht, Knecht wird Herr". Jens Exler verzichtet bei seinem Stück auf Bitternis; sein Knecht Korl in der Rolle des Großbauern bleibt durchweg liebenswert, und auch der für einen Tag Knecht spielende Bauer bleibt durchweg ein netter Mann. Das harmlos-fröhliche Verwechslungsspiel ist prall gefüllt mit komischen Szenen. Bei der Speeldeel-Aufführung kamen die Zuschauer vor Lachen manchmal nicht zur Besinnung. Unter Jens Larssens geschickter Spielführung siegte Uwe Petersen in der Titelrolle auf der ganzen Linie. Seine unverkrampfte gute Laune steckte an, vor allem dann, wenn er nach betont herrischen Allüren zum Publikum hin „griente", übrigens mag Exler sich seinen Titelhelden anders vorgestellt haben (Korl heißt ja mit Nachnamen Grahmlich); aber Uwe Petersen spielte so überzeugend, daß man ihm vollauf zustimmte. Artur Struwe war als Großbauer ein guter Partner. Die Rolle der Bäuerin war, weil die dafür vorgesehene Ilse Frennesen nicht mitmachen konnte, von Annemarie Dienesen übernommen worden; Verschwunden war der Hauch von „Sex" aus dem „Schattenspeel"; schüchtern und etwa dümmlich besorgte „Moder" hier ihr Haus. Erika Larssen war als verliebtes junges Mädchen mit eigenem Kopf wandlungsfähig und treffsicher. Gerd Peters hielt ihr als künftiger Ehemann Uwe Bock die Stange. Die beiden hübschen Bühnenbilder hatte Hans Stuck aufgebaut.

 

 Margarete Lorenzen

Schleswiger Nachrichten, 24. 4.1979