Diederk schall freen

Generationsproblem auf niederdeutsche Art

 „Diederk schall freen“ bei der Schleswiger Speeldeel

 

Zu den vielen Gruppen und Organisationen, die sich zur Initiative Kulturzentrum zusammengeschlossen haben und mit einer Kulturwoche an die Öffentlichkeit treten, gehören auch die beiden Schleswiger plattdeutschen Bühnen. Nachdem die „Niederdeutsche Bühne‘ mit einem plattdeutschen Kabarett aufgetreten war, zeigte die „Schleswiger Speeldeel“ am Freitagabend — in Wiederaufnahme aus der Spielzeit 87/88 — den Einakter „Diederk schall freen“ von August Hirnrichs. In der Aula der Staatlichen Internatsschule für Hörgeschädigte hatte sich trotz des unwirtlichen Wetters eine Schar Unentwegter eingefunden, die „ihrer“ Bühne die Treue halten wollte.

Horst Jacobs begrüßte die Zuschauer, wies noch einmal auf die Kultur-Initiative hin und lieferte eine interessante Begründung für die Notwendigkeit eines Kulturzentrums: Jedes Theater braucht einen Saal mit Bühne. Die „Speeldeel“ würde gerne einmal ein Experimentierstück vorbreiten, zu dem dann vielleicht nur wenige Zuschauer kommen würden. Solange man aber Gast im Stadttheater sei und die hohe Abendmiete zahlen müsse, sei man schon aus wirtschaftlichen Gründen auf ein „volles Haus“ angewiesen. Daher zeige der Spielplan hauptsächlich Stücke, die überall ankämen. Vielleicht würde dann auch die Problematik der Nachwuchssuche gemildert.

„Diederk schall freen“ ist ein Stück über das Generationsproblem. Die Alten haben ihre Vorstellungen, aus der Realität des Lebens erwachsen, und die Jungen wollen ihre eigenen Wege gehen, selbst ihre Erfahrungen machen. Das kam in der Regie von Horst Jacobs klar heraus: Eindeutig festgelegt durch die Bauersfrau Frersmoder und den großen Nachbarbauern Swobbengeersvader; ihnen entgegen die Jungen: Anna, die Tochter des Bauern, und Diederk, der Sohn der Bäuerin. Ihnen zur Hilfe kommt Alwine, Fru Paster ehr Dochter, die mit verschmitzter Raffinesse alle Jungen unter die Haube bringt. Dazwischen steht der Köster Suhr, den beide Parteien für ihre Zwecke benutzen wollen, der aber selbst hauptsächlich Interesse an den „Immen“ hat.

Das machte Horst Seegebarth eindrucksvoll deutlich: Er möchte seiner Generation helfen, aber auch das Vertrauen der Jugend nicht verlieren; er wand sich mit vielen Verbeugungen hindurch. Mimik und Gestik wie auch die gute Aussprache ließen die Leistung rundherum als gelungen erscheinen.

Recht polterig der „grote Buur“, von Karlheinz Erichsen prall auf die Bühne gestellt. Stur, egoistisch, autoritär — so kann man sich einen Vater um 1830 vorstellen, der für seine Tochter „nur das Beste“ will. Durch das Polterige litt die Deutlichkeit der Aussprache etwas. Seine Tochter Anna wurde von Ute Coordts dargestellt: noch verhältnismäßig neu auf der Bühne, aber lebensecht und natürlich. Die Sicherheit in der Koordination von Sprache und Bewegung wird bestimmt noch wachsen.

Heidrun Reise spielt die Bäuerin Frersmoder, mütterlich, natürlich, sehr auf das Wohl ihres Sohnes bedacht, aber auch sie in alten Bahnen verhaftet. Die Rolle war trefflich besetzt, auch Kleinigkeiten wie das Binden der Schürze „saßen“.

Den Sohn spielt Jan Ovens, etwas schlaksig und zunächst unbeteiligt. Später kam er mehr aus sich heraus, hätte aber bei der Liebesszene ruhig ein wenig „feuriger“ sein können. Birte Nissen spielte die „Fru Paster“ sehr vornehm, sehr auf Etikette bedacht — herrlich das Zwiegespräch mit dem Küster, Rücken an Rücken und langsam erst sich zuwendend.

Tochter Alwine, die alle Fäden in die Hand nimmt und sicher entwirrt wird von Britta Walter dargestellt. Erst noch zurückhaltend, dann aber mehr und mehr lebendig, bietet sie eine überzeugende Leistung, die sich nahtlos in das Geschehen einfügt.

Das Bühnenbild stammte von Helmut Utermann, und verantwortlich hinter der Bühne waren Alfred Christians, Heike Walter, Gisela Erichsen und Wienke Jaeckle.

Herzlicher Beifall belohnte die Mühe, die darauf ausgerichtet war, dem Ziel eines Kulturzentrums ein wenig näher zu kommen.

Reimer Pohl

Schleswiger Nachrichten

 

De Rullen un de Speelder

 

Frersmoder,
Buernfru op een groden Hoff

 

 Heidrun Reise

Diederk, ehr Söhn

 

 Jan Ovens

Swobbengeersvader,
een groden Bur

 

 Karlheinz Erichsen

Anna, sien Dochder

 

Ute Coordts

De Fru Paster

 

Birte Nissen

Alwine, ehr Dochder

 

Britta Walter

De Köster

 

Horst Seegebarth

 

 

 

Intrimmt hett:

 

Horst Jacobs

Speeldeel inricht

 

Helmut Utermann

Technik maakt:

 

Alfred Christians

Hoor un Snutenwark

 

Heike Walter

Lüttkraam:

 

Gisela Erichsen

Toseggen deit:

 

Wienke Jaeckle

Dat Stück speelt vör 150 Johr in‘n Buernhuus bi‘t Füer

Verlööv to‘n Speelen vun den Mahnke-Verlag,Verden/Aller