Lütte witte Siedenschoh

Gelungene Premiere der Schleswiger Speeldeel

Stück von Ingo Sax Lütte witte Siedenschoh: Viel Humor auf hohem Niveau

 

 

Lütte witte Siedenschoh

Jörg Feddersen, Maren Matthiesen

 

SCHLESWIG(rp)
Je weniger Schauspieler auf der Bühne stehen, desto größer ist die Verantwortung für jeden einzelnen. Bei der jüngsten Premiere der Schleswiger Speeldeel, als Lütte witte Siedenschoh von Ingo Sax auf dem Spielplan stand, waren es vier: zwei Damen und zwei Herren. Unter der sorgsamen und einfühlsamen Regie von Olly Gröning agierten sie, nachdem Uwe Petersen das fast gefüllte Haus begrüßt hatte, überzeugend und verliehen der Aufführung pralles Leben sowie heiteren Schwung. Manchmal, etwa bei dem Tanz-Lehrgang, konnte man Tränen lachen. Überhaupt war Lachen angesagt, aber auf einem hohen Niveau, das vom Klamauk weit entfernt war. Das einzig Negative: Die Textsicherheit muß noch wachsen, besonders bei Hans Paulsen; aber Ingrid Back war eine sichere, stets hilfsbereite Toseggersch.

Ansonsten ist Hans Paulsen der Baas. Großartig, wie er den herrschsüchtigen, uneinsichtigen, sturen Dickkopp Benno Roggenkamp auf die Bühne stellt, wie er als verliebter Hahn um Trine herumstreicht und dann doch, als es zum Schwur kommt, die Segel streicht. Das ist schon eine große Leistung. Die anderen stehen ihm kaum nach: Elke Meifort als Huushöllersch Lisa, immer da, immer praktisch, mit gutem Spiel, ausgezeichneter Interpretation und vorbildlicher Sprache. Jörg Feddersen spielt den Sohn Fiete Roggenkamp; in seiner Unterdrückung fast zu devot, zu unselbständig, aber ehrlich und überzeugend. Seine Wandlung zum Mann kommt überraschend, aber nachvollziehbar. Und daß für alle das gute Ende kommt, ist ja klar. Dazu trägt auch die zweite weibliche Hauptrolle, Maren Matthiesen, bei, die frisch und wie selbstverständlich, immer ehrlich, aber mit weiblicher List die Trine spielt. Ihrer natürlichen Darstellung ist vor allem der logische Gang der Handlung zu verdanken. Die Spieler erreichten, daß die Spannung von Akt zu Akt stieg, daß man begierig erwartete, was noch geschieht. Auffällig: auch die Unverschämtheiten, etwa gegen das weibliche Geschlecht, waren nie verletzend.

Das Bühnenbild stammte von Alfred Christians, dem auch die Technik mit Hilfe von Mirko Faust oblag. Für die stimmigen Frisuren und Masken war Maren Matthiesen verantwortlich.

Reicher Beifall und viele Blumen waren der Lohn für eine prächtige Premiere der Speeldeel.

 

Schleswiger Nachrichten, 2.10.1999