Speeldeel- Premiere: Hartklabastern

Heiterkeitspegel stieg von Szene zu Szene

 

 

 

SCHLESWIG Hansjürgen Buyken
Von Szene zu Szene stieg der Heiterkeitspegel bei der Premiere des neuen Volksstückes Hartklabastern. Nach dem Erfolgsrausch beim Flederbeerpunsch hat die Speeldeel nun eine neue Bühnenattraktion vorzuweisen. Freunde des niederdeutschen Theaters kamen auf ihre Kosten und sparten nicht mit Beifall für solide schauspielerische Leistungen.

Das ursprünglich hochdeutsch konzipierte Bühnenstück von Karl Wittlinger mit dem Titel “Der Schrittmacher” war von Hartmut Cyriaks und Peter Nissen in seine plattdeutsche Version gebracht worden. Übertragungen dieser Art können problematisch sein, wenn das Original lediglich imitiert wird. Gelingt es jedoch, eigenständige, urwüchsige oder lokal orientierte Inhalte einzubinden, angereichert durch ein paar aktualitätsbezogene Sticheleien, dann haben Regie und Schauspieltruppe gewonnen. Bei Hartklabastern ging diese Rechnung auf. Olly Gröning hat mit ihrer Regie viel Eigendynamik eingebracht.

Das Volksstück “Hartklabastern” benutzt wie in gewissen Verfilmungen das Krankenhausmetier als Bühne zur Darstellung von menschlichen Unzulänglichkeiten, die hier von einem Patienten, dem promillebelasteten Penner Emil Schröpke, gnadenlos offen gelegt werden. Trickreich ergaunert dieser einen Herzschrittmacher, der dem Bauern Alfred Brockmöller zugedacht war. Das gesamte Personal fällt auf sein Verwechslungs- und Intrigenspiel herein, und nachdem die ganze Schlamperei offenbar wird, erpresst Schröpke vom Chefarzt eine Invaliditätsbescheinigung, dazu die Auflage, den Schrittmacher wieder aus seinem Körper zu entfernen, sonst werde er die Sache an “de groote Klock” hängen. Ein Happy End allenfalls für Emil Schröpke, für das intrigenhaft-naive Krankenhauspersonal eher ein “shocking end”. Die banal-unglaubwürdige Klinikposse hatte sich damit zur handfesten Gaunerkomödie hochstilisiert, über die man nur noch lachen konnte.

Und gelacht wurde viel an jenem Abend in Anerkennung der schauspielerischen Leistungen. Wulf Gröning erwies sich in der Rolle des Emil Schröpke als Star des Abends: Durch gekonnte Mimik und gezielte Sprach(um)gestaltung überzeugte er. Peter Philipp spielte den Klinik-Chef cool-hierarchisch, Reinhard Huxhold den Oberarzt Dr. Dümmel souverän und sprachlich wohl akzentuiert. Lacherfolge erwirkte Ingrid Back als Stationsschwester Walburga. In weiteren Rollen waren Anja Schmidt, Thomas Erichsen und Dietrich Dippel eingebunden. Sympathisch-bescheiden präsentierte sich Hans Paulsen als Bauer Brockmöller; Ute Renkhoff und Claus Schimmer spielten die erbschaftsbesessenen Kinder.

Den Schauspielern ist es gelungen, sich mit ihren Rollen zu identifizieren. Nur so konnte der tiefgründige Humor ein menschliches Urbefinden wecken: das Lachen. Das ist genauso verdienstvoll wie die Umsetzung ernster Inhalte, die von der Speeldeel einst mit gleichem Erfolg dargeboten wurden.

 

Hansjürgen Buyken

Schleswiger Nachrichten 25.1.2000